Siezen wir uns noch oder Duzen wir uns schon?

Siezen wir uns noch oder Duzen wir uns schon?

Die persönliche Anrede in den sozialen Medien

Ein deutsches Problem steht uns im Wege, wenn wir uns in den sozialen Medien zeigen möchten. Welches Produkt oder welche Dienstleistung biete ich an? In welchem Verhältnis möchte ich zu meiner Zielgruppe stehen? Oft entscheiden die Antworten auf diese Frage, wie ich meine Fans, Follower oder Abonnenten anspreche.

Doch nicht immer ist die Lösung so einfach.

Zu Beginn meiner Selbständigkeit habe ich mich mit dieser Problematik für mein Business auseinandergesetzt. Bei einem neuen Kunden gehört es zu den ersten Themen, die wir diskutieren und entscheiden.

Ich schreibe hier bewusst diskutieren, denn es gibt viele verschiedene Gesichtspunkte, die beleuchtet werden sollten. Letztendlich bleibt es jedoch immer die persönliche Entscheidung meines Kunden.

In den sozialen Medien kommunizieren wir mit einem persönlichen „Du“. Diese Ansprache beruht allein schon auf der Tatsache, dass der Ursprung der sozialen Medien im englischsprachigen Raum liegt. Resultierend daraus sind alle vorproduzierten Antworten und Ansprachen in einem persönlichen „Du“ formuliert und können häufig nicht modifiziert werden.

Die Entscheidung für mein Business

Ich passe mich der Situation an und duze meine Zielgruppe in den sozialen Medien. Mit diesem persönlichen „Du“ fühle ich mich wohl und es fördert die Kommunikation.

Die Entscheidung für meine Website ist allerdings schwieriger, denn hier lesen meine Menschen, die sich für mein Business interessieren und eine seriöse Betreuung von mir wünschen. Auf meiner Website spreche ich meine Leser mit einem „Sie“ an.

Passt das zusammen?

Für mich ist es so stimmig, denn auf meiner Website lesen Menschen, die sich für mein Business interessieren. Hier geht es um Information rund um meine Tätigkeit.

In den sozialen Medien tausche ich mich aus und kommuniziere über aktuelle Themen. Es ist schnell, kurz und oft mit persönlichen Erfahrungen verbunden. Ich greife in den sozialen Medien auf ein großes Netzwerk von Menschen zu, die mich in den meisten Fällen bereits persönlich kennen.

Mein Weg ist jedoch nicht für jede Branche richtig und ich möchte gerne an einem Kundenbeispiel zeigen, dass Entscheidungen ganz individuell sein können und manchmal auch neu überdacht werden sollten.

Social Media für Ärzte

Seit geraumer Zeit betreue ich ein Facharztzentrum auf Facebook und Ende des letzten Jahres ist Instagram hinzugekommen.

Es war von Anfang an klar, dass wir auf Facebook die Fans der Seite siezen werden. Das Alter der Nutzer auf Facebook liegt mit über 45 Jahren deutlich über dem Alter der Nutzer auf Instagram. Ziel war es, seriös und kompetent Informationen über die Ärzte, die Praxis und die ärztlichen Leistungen zu verbreiten. Mit einem „Sie“ geht das wunderbar.

Ende 2020 kam Instagram hinzu und damit werden nun auch jüngere Menschen angesprochen. Auf Instagram ist das „Du“ an der Tagesordnung. Passt hier das „Sie“ weiterhin für das Facharztzentrum?

Spätestens nachdem Azubis gesucht wurden, meldete sich mein Bauchgefühl, denn die Zielgruppe war nun definitiv eine andere als bisher. Es ging nicht mehr um Patienten, sondern um das Recruiting von Mitarbeitern für die Erweiterung des Praxisteams. Das unpersönliche „Sie“ fand ich in diesem Fall unpassend und wir haben uns auf ein „Du“ geeinigt.

Grundsätzlich bleibt die Frage spannend. Ich selbst bin gerne mit einem persönlichen „Du“ unterwegs, doch ich würde weder das Pflegepersonal noch die Ärzte vor Ort duzen. Ist es also nötig, dass Ärzte in den sozialen Medien ihre Fans und Follower duzen?

Es gibt hier definitiv kein richtig oder falsch. Es hängt definitiv davon ab, welche Zielgruppe ich ansprechen möchte.

Ein spannendes Thema, das mir immer wieder begegnen wird. 

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